Ich klinke mich nun mal als Verfahrenstechniker ein,
weil ich in Thermodynamik und Wärmeübertragung so fürchterlich
gequält wurde von meinen Profs.
Um sich einen Sachverhalt klar zu machen, hilft es oft sich die möglichen
Extreme bildlich vorzustellen.
Extrem Nr. 1:
Eine Beute, die absolut Wärmedicht ist (NUR wärmedicht, alles andere lassen wir außer Acht).
Das bedeutet, dass die Wärme, welche die Bienen produzieren in der Beute bleibt und diese
immer wärmer werden würde, denn es gibt ja keinen Verlust.
Einmal aufgeheizt, würde dementsprechend das Heizen von den Bienen vollständig eingestellt
werden. Absolut wärmedicht nennt man in der Thermodynamik auch "adiabat" (nebenbei).
Eine Doppelwand, die in der Mitte ein Vakuum hat, kommt einer solchen Isolierung
am nächsten (Vergl. Thermoskanne aus doppelwandigem Stahl).
Es ist dementsprechend einleuchtend, dass die äußere Bienenschicht NACH dem Aufheizen der Beute
die gleiche Temperatur erfährt wie die inneren Bienen der Traube.
Der Futterverbrauch ist damit am geringsten und die Bienen krabbeln in der Beute rum
und machen Urlaub.
Extrem Nr. 2
Nun hängen wir die Bienentraube frei auf, ohne Beute.
Da die Wärmeableitung sehr groß wird, wenn man einen Körper
mit einem gut Wärmeleitenden Medium möglichst stark anströmt,
wird die Bienentraube gedanklich mit mehreren kalten Luftfontänen
(möglichst feuchte Luft) ringsum dauerhaft angeströmt.
Der Wärmeverlust ist sehr hoch, die äußeren Bienen halten das
dortige Verharren nicht lange aus und der Futterverbrauch steigt sehr stark an.
(Luftstrom von -25°C mit Eispartikel aus Druckluftdüsen z.B.)
Irgendwo zwischen diesen Extremen liegen nun wir Imker mit unseren Bienen und Beuten.
Nun sind aber wirklich solche Dinge zu beachten wie z.B. Kondensation der Luftfeuchte.
Die Temperatur sinkt vom inneren der Traube nach außen in irgendeiner Form.
Je weiter ich vom Zentrum nach außen gehe, um so niedriger wird die Temperatur.
An der Grenze der Traube zur Luft der Beute macht dieser Temperaturverlauf eine
art Knick, die Temperatur fällt ab da schneller bis zur Beutenwand. Durch die Wand der Beute
ergibt sich ein annähernd linearer Verlauf, um dann außerhalb der Beute erneut einen steileren
Verlauf nach unten zu nehmen.
Angenommen die Temperatur in der Traube beträgt 25°C und hat eine relative Luftfeuchte
von 60%. Weiter angenommen, die absolute Feuchte (also die Wassermenge in der Luft) bleibt
vom inneren der Traube bis zur Außenhaut der Beute konstant.
Dann gibt es an dem Punkt Kondensation, an dem die Luft die Temperatur von 17°C unterschreitet (etwa!).
(Nebel entsteht genau so, nebenbei) Anm.: der Druck sei Normal (1,0133 bar).
An der Stelle (eigentlich eine imaginäre Hülle) bildet sich Kondensat.
An irgendeinem Punkt vom Inneren der Traube bis zur Außenwand passiert das,
und wir können das auch nicht verhindern.
Beim Isolieren unserer Häuser achten wir darauf, dass dieser Taupunkt INNERHALB
der geschlossenpoorigen Isolierschicht liegt. Dabei achten wir aber darauf, dass unser Haus
im inneren in der SOLL-Temperatur liegt.
Das können wir bei einer Beute nicht.
Daher müssen wir auf folgendes achten:
1. Kondensierende Luftfeuchtigkeit muss jederzeit abströmen bzw. abdiffundieren können
2. Es ist ratsam eine gewisse Isolation für die Traube zu gewährleisten, damit diese "kondensationshülle"
möglichst nicht an der Traubenoberfläche liegt.
3. Der Raum um die Traube sollte möglichst optimal angepasst sein, denn ist das Kondensat
weit von der Traube weg, ist es für die Bienen am besten.
4. Da (aus Extrem Nr. 2) nun ersichtlich ist, dass strömende Medien (Luft, Wasser) einen besonders
guten Wärmeübergang bewirken, sollte die Luft in der Beute sich nie sehr stark bewegen,
dennoch aber auch nicht eingeschlossen sein, denn sonst steigt die Luftfeuchte und der Taupunkt
wird schon bei höheren Temperaturen erreicht.
Resumee:
Das System exakt Mathematisch zu erfassen, würde eine große Rechnerleistung
und ein sehr gutes Berechnungsprogramm erfordern ("zu Fuß" nicht möglich).
Die Beuten die wir heute haben, sind bewusst oder unbewusst den Gegebenheiten
so angepasst, dass Bienenhaltung in weiten Klimabereichen möglich ist.
Ich persönlich sehe Beuten aus Kunststoffen gerade für den Winter daher mit einer
etwas größeren Skepsis, da diese nicht atmungsaktiv sind.
Beachten wir obige Punkte 1 bis 4 im Hinterkopf (falls außergewöhnliche Zustände auftreten),
und halten uns an die guten Erfahrungen unserer
alten Meister und nutzen die tausendfach getesteten Beuten, sind wir sehr gut bedient.
VG
Hagen