Unsere Erfahrung führt uns zum Schluß, dass der “Volksgeruch” (auch wenn es wirklich so etwas geben sollte) jedenfalls nicht die geringste Rolle spielt beim Zusetzen einer Königin.
In allen Fällen — welche Zusetzmethode man auch immer anwende — liegt die Ursache, welche über Annahme oder Rückweisung einer Königin entscheidet, im Verhalten der Königin. Dieses Verhalten, aber ist abhängig vom Zustand der Königin zur Zeit ihrer Befreiung.
So sind wir überzeugt, dass z.B. das Einknäueln oder das Abstechen einer Königin durch ihr eigenes Verhalten bestimmt wird. Eine frisch begattete oder eine jungfräuliche Königin wird durch das Öffnen des Kastens erschreckt — auch wenn sie in demselben Stock geschlüpft ist — und dann oft eingeknäuelt oder getötet. Eine so erschreckte Königin rennt auf den Waben umher und bringt dadurch die Stockbewohner in Aufruhr, so dass diese sie angreifen. Das ist nicht nur der Fall, wenn ein Stock geöffnet wird, sondern jede andere Störung und Aufregung kann dieselben Folgen haben. So mag der Verlust unbegatteter Königinnen zwar zum Teil auf das Wegschnappen durch Vögel oder auf die Rückkehr in einen falschen Stock zurückzuführen sein, wir glauben aber, dass ein größerer Teil dieser Verluste verursacht wird durch irgend eine Aufregung im Stocke selbst, welche die Bienen zu feindseligem Benehmen veranlaßt. Auch hier kann nicht das Fehlen eines Volksgeruches verantwortlich gemacht werden, denn die jungfräuliche Königin gehört ja zum gleichen Volk; ausschlaggebend ist ihr Zustand und ihr Verhalten. Was wir unter “Zustand und Verhalten” verstehen, sei im folgenden näher erklärt.
Wird eine junge Königin, die seit einigen Wochen in Eierlage ist, in einen Käfig gesperrt und gleichen Tages in einem andern Volk freigelassen, so wird sie mit Sicherheit angenommen. Wird dieselbe Königin erst am zweiten Tage freigegeben, so wird sie wahrscheinlich angegriffen und eingeknäuelt. Die Erklärung liegt darin, dass sie am zweiten Tage vielleicht nicht mehr so zum Eierlegen bereit ist wie am ersten Tag. Je länger eine Königin eingesperrt ist, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie angenommen wird, es sei denn, dass die Bienen sie durch das Gitter des Käfigs hindurch füttern, so dass sie sogleich nach der Befreiung ihre normale Legetätigkeit aufnehmen wird. Wird sie nicht gefüttert und doch freigelassen, so wird sie getötet oder eingeknäuelt oder sonstwie beschädigt, weil sie nicht im Legezustand war, sich also von ihrem Gefängnisaufenthalt noch nicht erholt hatte.
Aus diesem Grunde sollte eine durch die Post zugestellte Königin immer zuerst einem Ablegervölklein (Nucleus) beigesetzt werden, welches mindestens drei Tage vor der Ankunft der Königin gebildet worden ist. In dieser Zeit kehren alle alten Bienen in den Elternstock zurück, und die allein zurückbleibenden Jungen werden die fremde Königin sogleich füttern, sie so in ihren normalen Legezustand zurückführen und dann mit Sicherheit annehmen. Wenn sie dann einige Wochen gelegt hat, kann sie ihrem definitiven Stock beigegeben werden.