Re: Fragen zur Vorroa-Behandlung
Ich habe mal die aktuelle wissenschaftliche Literatur in Bezug auf Varroa-Bekämpfung mit organischen Säuren überflogen. Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse will ich Euch nicht vorenthalten:
Ameisensäure:
Wirkungmechanismus:
Azidose: Übersäuerung des Organismus;
Atemhemmung: der Sauerstoffverbrauch geht zurück. Bei Extremkonzentrationen von 2500ppm (werden nie in der Beute erreicht!) reicht für Larven eine kurzzeitige Exposition von <2h während Jungbienen erst nach 120min verminderte Atmung zeigen. Bewegungsstörungen sind aber sofort da und die Tiere erholen sich auch nicht mehr (24h). Noch empfindlicher als Bienenlarven sind Varroa-Milben - da ist spätestens nach 40 Minuten schluss mit Atmung & Bewegung.
Mikroskopisch sichtbare Verätzungsschäden waren weder an Milben noch an Bienen zu beobachten.
Behandlung in der Beute (40ml AS60/Zarge - leider keine ppm Angaben!): praktisch keine Atmungshemmung bei jungen Larven nach 12h während Milben nach 3h nur mehr 1/4 Sauerstoff atmen.
Verträglichkeit:
AS killt Milben und Bienen. Die Milben sind nur etwas empfindlicher. Während Bienen bei geringen Temperaturen (5°C) empfindlicher reagieren, tötet AS die Milbe bei höheren (35°C) Temperaturen schneller. Am größsten (ca. 5x) ist der "Zähigkeitsvorteil" der Biene bei hohen Konzentrationen (40-80ppm). Da diese Untersuchung an gekäfigten Bienen ohne Wabenbau gemacht wurde, fällt die Schutzfunktion des Baus weg und es wurde mehr Bienenschaden beobachtet als das bei Behandlung in der Beute der Fall ist.
Konzentrationen in der Beute:
Bei Langzeitbehandlungsmethoden (200ml AS60 - es wurde eine bei uns nicht übliche Methode untersucht) werden 40-50ppm bei Beginn und knapp 20ppm AS in der Stockluft nach 10 Tagen angegeben. Die Stoßbehandlung mit wöchentlich 40ml AS60 mit Schwammtuch von oben brachte starke Schwankungen zwischen den einzelnen Beuten und wenig überraschend hohe AS Konzentrationen unmittelbar nach der Anwendung (5 bis 220ppm) - nach 24h nur mehr etwa 10ppm.
Literatur:
Apidologie Volume 24, Issue 1, 1993, Pages 51-57
Journal of Economic Entomology Volume 97, Issue 5, October 2004, Pages 1500-1508
Experimental and Applied Acarology Volume 29, Issue 3-4, 2003, Pages 303-313
Essigsäure:
In einem direkten Vergleich 75ml 50% AS vs. 50ml 50% ES per Verdampfer von Oben über 17h ergab sich:
1) dass der Milbenabfall während der Behandlung bei AS am höchsten ist (ca. 1200), während sich bei Wasser und ES wenig tut (ca. 200). An einem der getesteten Bienenstände war der Milbenfall insgesamt sehr gering.
2) dass 4 Wochen nach der Behandlung nur bei AS-behandelten Völkern noch ein verringerter (ca. -40%) Varroa-Abfall zu verzeichnen war. Wasser, Essigsäure oder Essigsäure/AS-Gemisch hatten keinen nachweisbaren Effekt. AS tötet die in der verdeckelten Brut vorhandenen Milben (>60%) während das mit Wasser und Essigsäure (<10%) nicht wirklich gelingt.
3) die Anzahl der Milben auf den Bienen 4 Wochen nach Behandlung stieg im Vergleich zum Status vor der Behandlung bei AS-behandelten Völkern unmerklich an, bei Wasser und ES-bahndelten jedoch deutlich (>doppelt).
Auf DWV-Befall hatte die Behandlung keinen Einfluss.
Über den Wirkmechanismus von ES habe ich - mangels belegter Wirkung? - auch nichts gefunden.
Literatur:
Journal of Economic Entomology 101 (2), pp. 256-264
Oxalsäure:
Wirkmechanismus: Kontaktgift - nähere Details unbekannt. Daher wirkts auch in Zuckerlösung besser, denn die haftet auf den Bienen/Milben. Wirkt nicht sofort, sondern mittelfristig. LD50 für Bienen: bei 1500µg sind nach 24h 50% tot, um nach 72h 50% tote zu haben reicht aber eine Dosis von 200µg! Bei >=400µg sterben alle Bienen innerhalb von 72h.
Varroa ist wesentlich empfindlicher: bei einer Dosis von 5µg sind 50% nach 24h tot.
Dadurch ergibt sich ein therapeutisches Fenster, in dem man >90% der Varroen erwischt und dafür weniger als 10% der Bienen opfern muss. Gesund ist das Zeug für die Biene aber auch nicht.
(Journal of Economic Entomology Volume 99, Issue 5, October 2006, Pages 1579-1582)
Das ganze ist natürlich keine umfassende Überblicksarbeit, sondern nur ein paar interessante Details und daher unvollständig. Nichts gefunden habe ich zur Verteilung der AS-Konzentration in der Beute - wie homogen sich das verteilt.
lg,
Sebastian