achsskandal: Händler muss Geldstrafe zahlen
Um verunreinigte Waben und Mittelwände ging es in dem Prozess am Amtsgericht Bad Waldsee.
13. November 2018
WOLFGANG HEYER
Redaktionsleiter
Bereits am ersten Tag von insgesamt fünf anberaumten Verhandlungstagen ist im Prozess um den Bienenwachsskandal am Dienstag am Amtsgericht Bad Waldsee ein Urteil gefallen. Einem Händler aus dem nördlichen Kreis Ravensburg wurde vorgeworfen, gepanschte Mittelwände verkauft zu haben. Er musste sich wegen Betrugs in 17 Fällen verantworten und wurde nun zu einer Geldstrafe verurteilt.
Einwandfreie Qualität, ja sogar Lebensmittelqualität attestierte der Händler seinem Bienenwachs selbst und warb mit diesen Bezeichnungen dafür. So führte Staatsanwalt Julian Mayer in die Verhandlung ein. Doch tatsächlich sollen die Mittelwände Pestizidrückstände aufgewiesen haben und Paraffin oder Stearin darin festgestellt worden sein. Das habe der Angeklagte „billigend in Kauf genommen“, erklärte Mayer. In der Folge zählte er 17 Fälle auf, in denen mehrere Geschädigte dem 60-jährigen Angeklagten Betrug vorwerfen. Sie alle kauften bei dem Händler Bienenwachs oder ließen ihr Eigenwachs umarbeiten und erhielten verunreinigte Ware. Die Einkaufspreise reichten dabei von 20 Euro bis 1000 Euro.
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Wie sich im Prozess schnell herausstellte, war das Jahr 2015 kein gutes Jahr für den Händler. Auf dem Markt war das Bienenwachs rar. „Ihr Geschäft lag brach“, verdeutlichte Richter Feurle die damalige Situation. Rund 150 Bestellungen hätten zu dieser Zeit nicht bedient werden können. Also bestellte der Händler in China eine Charge. „Ich bin selbst runter geflogen und habe mir das Wachs angeschaut“, betonte der Angeklagte. Und so ließ er sich zwölf Tonnen Bienenwachs für rund 81 000 US-Dollar liefern. Insgesamt 6000 Chargen fertigte der Imker daraus.
Richter Feurle erkundigte sich nach der Qualitätskontrolle. Der Beschuldigte machte deutlich, dass er die Ware in China selbst in Augenschein genommen habe. Und so bilanzierte Feurle, dass es keine offizielle Überprüfung des chinesischen Bienenwachses gab und hob hervor, dass paraffin- oder stearindurchsetztes Wachs laut Expertenmeinung brutschädigend ist.
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Ein Ermittlungsbeamter brachte seine Erkenntnisse ein – und die hatten es in sich. So wurde ein Schriftverkehr zwischen dem Angeklagten und dem chinesischen Betrieb sichergestellt, der brisante Informationen beinhaltete. Einerseits habe er daraus die große Wachsnot des Händlers herauslesen können. „Andererseits wurde da mitgeteilt, dass es keine gute Ernte gab und in der Firma nicht nur eigenes Wachs verwendet sondern aus verschiedenen Orten in China zusammengesammelt wurde. Auf das Problem der verminderten Wachsqualität wurde hingewiesen“, erklärte der Ermittler.
Der angeklagte Händler machte nach der Lieferung schriftlich auf die schlechte Qualität aufmerksam und die chinesischen Verantwortlichen gaben ihm Recht. „Er hat dann geschrieben, dass er es aber mit seiner vierstufigen Filterung hinbekommt“, so der Ermittlungsbeamte. Feurle hakte nach und wollte wissen, ob der Filtrierungsprozess das Wachs hätte reinigen können. Dabei berief sich der Ermittler auf Gespräche mit dem Angeklagten und gab zu verstehen, dass nicht davon ausgegangen werden konnte, „dass man es in dieser Menge ordentlich verarbeiten kann“. Verteidiger Marc Oliver Möller hinterfragte darauf die Qualifizierung des Ermittlers als Bienen- und Filterfachmann.
Bei dem Anblick hätte man heulen können. Die ganzen Bienen sind kaputt gegangen.
Ein Zeuge
In der Folge schilderten Zeugen, die ihre Völker mutmaßlich aufgrund des gepanschten Bienenwachses verloren haben, ihre Erlebnisse vor Gericht eindrücklich. So sprach ein Geschädigter von der Alb von zusammengebrochenen Waben, die bereits bei 40 Grad Celsius geschmolzen sind. „Bei dem Anblick hätte man heulen können. Die ganzen Bienen sind kaputt gegangen“, sagte der 68-Jährige. Ein 43-Jähriger gab an, dass die gekauften Mittelwände dazu beigetragen hätten, dass seine Völker deutlich dezimiert wurden. Ende 2015 hätte er 60 Bienenvölker einwintern wollen, lediglich zwei dieser Völker hätten überlebt. Der Angeklagte selbst fragte die Zeugen nach allerlei möglichen anderen Möglichkeiten, die zu Bienensterben führen kann.
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Doch damit war nach einer Weile Schluss. Der Grund? In selbst in Auftrag gegebenen Gutachten – darunter ein gerichtliches Gutachten – wurde nachweislich festgestellt, dass Searin in den eingereichten Proben der Mittelwände und Waben festgestellt wurde. Außerdem habe explizit ausgeschlossen werden können, dass die Pestizide von Pflanzenschutzmitteln von außerhalb in die Bienenkiste eingedrungen sind. Auf diese Verunreinigung durch Spritzmitteleinsatz auf Feldern in der Nähe der Bienenwohnungen pochte der Angeklagte selbst. Er fiel zudem durch seine langen Redebeiträge auf, die vor allem bei den Fragerunden an die Zeugen für Unmut bei Richter Feurle sorgten. Immer wieder forderte er den ausschweifend erzählenden und gestikulierenden Angeklagten auf, eine Frage zu stellen. „Sie neigen zum Dozieren, aber hier haben wir es mit Zeugen zu tun und nicht mit Schülern, also stellen sie bitte ihre Frage“, sagte der erfahrene Richter bestimmt.
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Zum Abschluss der Verhandlung wandte sich der Staatsanwalt mit offenen Worten an den Angeklagten und gab nach den ersten acht Stunden des Prozesses zu verstehen, dass sich der Verdacht des Betrugs erhärtet hat. Die Zeugenaussagen, die angesprochenen Gutachten und der Schriftverkehr zwischen China und dem Angeklagten hätten verfestigt, dass der 60-Jährige die Mittelwände aus China ankaufte und nicht untersuchen ließ. Wie Mayer erklärte, könnte ein mögliches Urteil sogar auf gewerbsmäßigen Betrug lauten. Dann hätten dem Angeklagten sechs Monate Freiheitsstrafe pro Fall gedroht, so Mayer: „Sie sollten sich überlegen, ob sie den Einspruch gegen den Strafbefehl nicht zurücknehmen wollen.“
Wie Richter Feurle daraufhin erläuterte, würde dann nur eine Geldstrafe fällig werden. Er wies vollständigkeitshalber darauf hin, dass das Strafmaß bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe vorsieht und eine Bewährung auch vom Verhalten des Angeklagten abhängen ist. „Am Ende des Tages könnte die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden und dann müssen sie ins Gefängnis“, zeigte Feurle eine mögliche Konsequenz auf. Der 60-Jährige zog sich mit seinem Anwalt für 45 Minuten zur Beratung zurück und zog tatsächlich zurück. Damit muss er nun einen mittleren vierstelligen Betrag zahlen, wie Feurle der „Schwäbischen Zeitung“ im Nachgang der Verhandlung berichtete.
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In einer Prozesspause erfuhr die SZ darüber hinaus von Rechtsanwalt Wolfgang Maurer, dass weitere Betroffene gegen den Händler vorgehen wollen. Bei dem Rechtsanwalt aus Herrenberg haben sich rund zehn weitere Geschädigte gemeldet, die ebenfalls gerichtliche Schritte anstreben. Am Amtsgericht Bad Waldsee sind aktuell zwei weitere Zivilverfahren gegen den Mann anhängig. Richter Feurle und der Angeklagte dürften sich damit in Kürze wiedersehen.